„Tränen lügen nicht“: Michael Holm feiert seinen 80. Geburtstag - Merkur.de

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Michael Holm wird an diesem Samstag 80 Jahre

Michael Holm ist eine Ikone des deutschen Schlagers, Songwriter, Texter, Musiker und Musikproduzent. Generationen kennen seine Ohrwürmer von der Straße nach Mendocino, von Lucille und El Lute und wissen dank ihm, dass Tränen nicht lügen. Diesen Samstag feiert er seinen 80. Geburtstag.

Weilheim – Das Haus im Weilheimer Westen, mittendrin in einem gutbürgerlichen Wohnviertel, lässt nicht vermuten, dass hier ein Star lebt. Und spätestens die herzliche Begrüßung durch den Großmeister des deutschen Schlagers selbst stellt klar: Er ist angekommen in Weilheim, seiner Wahlheimat seit mehr als 30 Jahren.

Über die Reiterei kam er in den Landkreis, war früher viel in Wolfetsried (Gemeinde Seeshaupt) und entschloss sich dann schließlich, zusammen mit seiner zweiten Frau Beate, genannt „Bimbi“, den Schörghof zu übernehmen. Knapp 20 Jahre lebten die beiden am Fuße des Raucherbergs, bevor sie in die Stadt zogen.

Die Familie steht im Mittelpunkt seines Lebens

„Weilheim ist sehr praktisch, gut angebunden, mit viel Einkaufsmöglichkeiten und der großen Schule“, plaudert Michael Holm über seine Wahlheimat, in der auch die Kinder Franzi und Max aufgewachsen sind. Beide gingen hier zur Schule, Max wechselte später nach Ettal und Füssen – heute stehen die Kinder bereits im Beruf. „Mein Sohn hat Mathe und Physik studiert und macht heute die Architektur für 35 Programmierer – was auch immer das heißen soll“, scherzt Holm, der ungeheuer stolz auf seine Kinder ist und dem Sohn die naturwissenschaftliche Überlegenheit von Herzen gönnt. Tochter Franzi ist Lehrerin aus Leidenschaft, auch das freut den stolzen Papa nicht minder.

Überhaupt ist Familie für diesen ungeheuer wichtig: „Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, stünde da ganz klar Gesundheit, Harmonie, Glück und Zusammenhalt für meine Familie auf Platz eins! Und dann noch drei Grammys, 80 Oscars…“ Holm nimmt sich und seine sagenhafte Karriere nicht so bierernst, wie solche Scherze zeigen. „Ich hab’ meine Wünsche, aber die behalte ich für mich!“

Zahlreiche Preise im Laufe der Jahre erhalten

An Preisen fehlt es dem Grandseigneur des Deutschen Schlagers nicht: Allein fünfmal erhielt er die „Goldene Stimmgabel“ (1981, 1983, 1988, 1995, 1997), im Jahr 2000 ehrte ihn die Nürnberger Karnevalsgesellschaft mit dem „Goldenen Nürnberger Trichter“, den Willy-Dehmel-Preis für Textdichter erhielt Holm 2009, 2019 gab’s den „smago! Award“ für die „Live-Tournee des Jahres 2018“ (Schlagerlegenden) und zuletzt im Vorjahr den Deutschen Musikautorenpreis in der Kategorie „Text Schlager“.

Dabei hätten sich seine Eltern das alles nicht träumen lassen, als ihr Sohn Lothar Bernhard Walter zusammen mit seiner Zwillingsschwester Mechthild am 29. Juli 1943 in Stettin das Licht der Welt erblickte. Zusammen mit einer älteren Schwester, einem jüngeren Bruder und einer jüngeren Schwester wuchs Michael Holm – nach der Vertreibung – in Erlangen auf. Er besuchte das Gymnasium, studierte dann Jura an der Freien Universität Berlin, was er aber wegen des wachsenden musikalischen Erfolges nicht beendete.

Der Vater und alle Geschwister spielten ein Instrument

Zuhause war Musik immer präsent, allerdings in der damals durchaus üblichen klassischen Variante. Der Vater und alle Geschwister spielten ein Instrument, man machte Hausmusik und sang gemeinsam. „Für meinen Vater gab es aber nur die Hochkultur – Klassik in der Musik, eine umfangreiche Bibliothek mit allen großen Namen der Literatur.“ Natürlich waren da aber auch die Reize von außen: „Ich habe mir mal von einem Schulfreund einen Comic ausgeliehen. Als meine Mutter mich zuhause damit erwischte, sagte sie nur ganz entspannt ‚was haben wir denn da – ein Schundheftchen’ und zerriss es. Ich musste die 50 Pfennig zusammensparen, um meinem Freund das Heft zu ersetzen“, sagt Holm.

Tatsächlich habe er sich mit Comics dann nie mehr anfreunden können, erzählt er schmunzelnd. „Wenn später Kollegen und Freunde mir etwas von Asterix und Co. vorgeschwärmt haben, hab’ ich das nie verstanden.“ Trotzdem ist Holm eine Leseratte, schmökert sich durch die heimische Bibliothek mit ihren großen Literaten.

Das Musik-Virus erwischte Michael Holm früh

Aber bei der Musik wird er schon auch früh ein Fan moderner Rhythmen. „Bei einem Klassenkameraden habe ich zum ersten Mal AFN gehört, da lief Rock’n’Roll, der einen sofort in Bewegung brachte und ich merkte, dass Musik Einfluss auf den ganzen Körper hat.“ Das Virus hatte ihn erwischt.

Eine zweistündige Theateraufführung sah er sich geduldig an, nur um das einmal im Stück zu hörende „Rock around the Clock“ genießen zu können. Und trotzdem blieb er auch der Klassik verbunden: „Das ist ein ganz großer Schatz!“ Dieser bescherte dem jungen Michael Holm dann auch sein erstes großes Honorar: „Die amerikanischen Besatzer hatten sich in Erlangen eine Aufführung der c-moll-Messe von Anton Bruckner gewünscht und man suchte einen Solisten. Da ich vom Blatt singen konnte, bekam ich den Zuschlag und verdiente ganze 650 Mark für die Aufführung in der Martin-Luther-Kirche. Das war sensationell viel, wenn man bedenkt, dass seinerzeit ein Arbeiter mit rund 300 Mark im Monat nach Hause ging.“

„Meine Karriere ist einfach in eine gute Zeit gefallen“

Um die eigenen musikalischen Möglichkeiten – er hatte Querflöte gelernt – zu erweitern, jobbte Michael Holm bei einem Bauern und sparte sich so 70 Mark für eine Framus-Gitarre zusammen. „Für fünf Mark habe ich mir dann noch das Heft ‚Gitarre spielen in zehn Stunden’ dazugekauft und geübt“, erinnert er sich. Und so entstand der erste Song mit 15 Jahren, der später zum Millionenseller werden sollte.

In allen Erzählungen und Anekdoten aus seinem Leben hört man immer wieder auch die große Dankbarkeit heraus, die Michael Holm für sein Leben empfindet. „Meine Karriere ist einfach in eine gute Zeit gefallen. In den 70er Jahren kam die deutsche Hitparade heraus, ein Projekt von Dieter Thomas Heck und Truck Branss, dass – wenngleich schon vor dem Start totgesagt – zum mehr als 30-jährigen Dauerbrenner werden sollte!“ Und genau da war Michael Holm mit seinen Titeln regelmäßig zu Gast.

Zwei Millionen Singles verkauft

„Mendocino“, „Tränen lügen nicht“, „Barfuß im Regen“… die Hits folgten Schlag auf Schlag. Zwischen 1962 und 1981 war er mit Sage und schreibe 21 Singles in den deutschen Verkaufscharts notiert, „Tränen lügen nicht“ schaffte es ganze 21 Wochen unter die ersten Zehn, davon lange auf Platz eins. Dafür wird dieser Titel bis heute als bester deutscher Song der letzten 42 Jahre notiert.

Auch die Menschen, die Michael Holm in seiner Karriere begleiteten, waren außergewöhnlich. So etwa der legendäre Egmont „Monti“ Lüftner, Geschäftsführer der „Ariola“. „Monti hat die Musik und die Künstler geliebt und verstanden“, schwärmt Holm über den damaligen Königsmacher der Musikszene. Und der sparte auch nicht an Investitionen: „Wir hatten die Idee, ‚Tränen lügen nicht’ mit dem ,London Symphonic Orchestra’ einzuspielen, das kostete 28 000 Mark – damals ein Vermögen. Und Monti sagte: ‚Macht’s!’ Später haben wir mehr als zwei Millionen Singles davon allein in Deutschland, Österreich und der Schweiz verkauft – es hat sich also gelohnt!“ Wahrscheinlich war das die Aufnahme, bei der sein Vater eine Träne verdrückte, der länger als die Mutter brauchte, um sich mit dem Schlager anzufreunden.

Fürs neue Album stand Holm mit vielen Prominenten am Mikrofon

Auch jetzt ist der Star noch lange nicht ruhig geworden: Zu seinem 80. Geburtstag erschien in der vergangenen Woche das Album „Holm80“, das neben Solonummern auch zahlreiche Remakes seiner größten Hits im Duett mit anderen Künstlern bereithält. Und die Liste der Mitstreiter liest sich allein schon wie ein „Who is who“: Mickie Krause, Michelle, Andreas Gabalier und Otto Waalkes sind nur einige, die sich zusammen mit Holm ans Mikrofon stellten. Herausgekommen sind dabei wirklich hörenswerte Neuauflagen der Songs, deren Melodien Generationen im Ohr haben.

Ab Ende der 1970er Jahre war Michael Holm mehr als zwei Jahrzehnte mit neuen Projekten beschäftigt, verbrachte jedes Jahr viele Wochen in den USA, wo er an diesen Produktionen arbeitete. „Da habe ich auch viel über die USA gelernt, über die Menschen, die dort leben.“ Was ihm dabei besonders auffiel, gerade in Los Angeles: Es gibt die wirklich schönen, ästhetischen Menschen, und dann genau das Gegenteil, die Fast Food-Junkies, denen man die ungesunde Ernährung von Weitem ansieht. Damals lernte er viele wirklich gebildete Amerikaner kennen, die sich – sehr zu seinem Erstaunen – in ihrer Freizeit mit Kunst und Kultur auf höchstem Niveau auseinandersetzen. „Ich war eingeladen zu einem Literaturzirkel einer Freundin und sollte dort Rilke zitieren ,in original language’ – das hat mich sehr beeindruckt, wie wichtig es den Menschen war, den großen Rilke einmal im Original zu hören.“

Und wie bleibt man mit 80 Jahren so fit? Holm achtet auf sich, auf gesundes Essen, kocht mit Frau Bimbi leidenschaftlich selbst und verzichtet seit jeher weitestgehend auf Alkohol. „Besoffen war ich noch nie“, erzählt er, der gern mal ein Bier und selten einen guten Whiskey genießt. Fit hält er sich zudem mit viel Bewegung – früher beim Reiten, Schwimmen, Wasser- und Skifahren, heute mehr beim Radeln, Laufen und im Fitness-Studio.

Star mit Bodenhaftung

Vielen wichtigen Persönlichkeiten ist Michael Holm in seinem Leben begegnet, doch wenn er heute nochmal die Möglichkeit hätte, würde er sich gern ausgiebig mit Helmut Kohl und Franz Josef Strauß unterhalten, denn Politik interessiert den nach eigenem Bekunden liberal-konservativen Holm sehr. Er hält auch mit seiner Meinung nicht hinterm Berg, etwa über die seiner Ansicht nach politische Ausrichtung der öffentlich-rechtlichen Sender, die eigentlich – weil Gebühren-finanziert – unabhängig sein sollten. Und auch das „Gummi-Rückgrat“ vieler politisch Verantwortlicher schätzt er gering. „Durch die neuen Medien ist die Welt nicht besser geworden“, so auch sein klares Statement in dieser Hinsicht, wenngleich er in dem Bereich mehr die Gefahr der ständigen Ablenkung sieht.

Holm ist ein Star mit Bodenhaftung, sich selbst treu und bei allem Erfolg in der Musik in keinster Weise einspurig. Man staunt nicht selten im Gespräch mit ihm über die Bandbreite seiner Interessen und das umfängliche Wissen. 1978 hat er mit einem Freund sieben Monate Südamerika bereits, hat zuvor Spanisch gelernt, um sich gut verständigen zu können: „Das hat ungeheuer viel gebracht, weil die Menschen einem ganz anders begegnen, wenn man ihre Sprache spricht!“ Und auch an anderen Ecken der Welt war er, von Südafrika bis Japan. Gibt es da noch eine Gegend, die ihn reizen würde? „Die Antarktis würde mich brennend interessieren – eine faszinierende Vorstellung.“

Seinen 80. Geburtstag feiert Michael Holm heute – wie sollte es anders sein – mit seiner Familie nahe Weilheim. Seine Geschwister können leider nicht dabei sein, auch nicht Zwillingsschwester Mechthild, die in Kiel mit ihren Kindern und Enkeln feiert.

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